Folter in Boten
Peking TV: Feichang Kanfa (Aussergewöhnliche Aussicht)
Folterer: Ich sagte dir geh auf die Knie, warum bewegst du dich so langsam? 8..9..10 geh zurück und reih dich wieder ein.
Hallo und willkommen bei bei der heutigen Sendung „Aussergewöhnliche Aussicht“. Ich bin Ihr Moderator und mein Name ist Wang Xudong. Nachdem Sie diesen Videoausschnitt gesehen haben, werden sie total geschockt und empört sein. Wer sind diese Leute im Video? Was für ein Ort ist das? Ich möchte den Zuschauern zeigen, dass dieses Konzentrationslager existiert und es Teil unseres Lebens ist.
Dieses Video wurde vor drei Monaten mit versteckter Kamera gefilmt von einer Person, die alles selber miterlebte. Diese Person sagte mir, dass der Tod hier ein Luxus ist, der den meisten verweigert ist. Laut Angaben dieser Frau, werden zahlreiche Gefangen in einer noch brutaleren Art und Weise bestraft als auf dem Video zu sehen ist. Was ist das also für ein Ort? Wer sind diese Gefangenen? Warum sind sie dort und weshalb werden sie in einer solch menschenverachtlichen Weise gefoltert und bestraft?
Folterer: Wirst du springen? So ist es richtig, beweg dich. Wenn du es richtig machst musst du nicht länger tanzen. Wenn nicht, werden wir den ganzen Tag lang damit weiterfahren.
Das Video zeigt, wie eine Frau gezwungen wird sich auszuziehen und nackt zu tanzen. Im Hintergrund hört man das Gelächter und das Gespött der Zuschauer. Welche Menschen sind zu so etwas fähig? Für die Tänzerin muss es die Hölle auf Erden sein.
Frau Li aus der Chaoyang Region von Peking erzählte den Reportern kürzlich was ihre Erfahrungen waren.
Frau Li: Drei Monate lange lebte sie schlimmer als ein Hund. Es war furchterregend. Es ist kaum zu glauben, dass die Frau auf dem Bild die gleiche ist wie die, die vor uns sitzt.
Frau Li: Ich wog 90 kg – nach diesem drei monatigen Alptraum nur noch 65“. Sie verlor 25 kg, doch die psychologische Folter war weitaus schlimmer.
Frau Li: Mein Geist und meine Seele sind nicht mehr wie vorher. Ich habe Alpträume.
Die Cousine von Frau Li: Ihr Psyche hat gelitten. Einmal als wir miteinander sprachen fing sie plötzlich zu schreiben an – das hat sie vorher nie getan.
Das Casino von Boten, Laos – dieser Ort wird Frau Li ihr lebenlang nie vergessen können.
Frau Li: In Mengla, Yunnan befindet sich die Grenze zu Boten. Sobald du die Grenze passiert hast, erreichst du das Goldene Casino in Boten.
Reporter: Dieser Ort wird das Goldene Casino genannt?
Frau Li: Goldene Stadt.
Mohan gehört zur Gemeinde von der Stadt Mengla und ist eine kleine Grenzstadt in der Provinz Yunnan. Von hier aus verlässt man China und nach knapp einem Kilometer erreicht man das Casino von Boten in Laos. Herr Ouyang arbeitete dort als Grenzwächter. Er beschreibt uns das Casino.
Herr Ouyang: Ich habe davon gehört, dass gefangene Leute dort oben in den Bergen gestorben sind. Ich habe schon genug von diesen Geschichten gehört.
Nachdem Herr Ouyang in Peking angekommen war traf er Frau Li. Ihr gemeinsames Interesse hat sie zusammen geführt – sie wollen bei der Bevölkerung das Bewusstsein über die Vorkommnisse im Golden Casino födern.
Herr Ouyang: Menschen die dort rauskommen können nicht einmal mehr gerade Gehen.
4. September 2009 Frau Li erhält ein Anruf von einer früheren Pokerfreundin. Sie erzählte ihr vom Goldenen Casino in Laos - was für Li verlockend klang.
Frau Li: Sie sagte, du musst kein Geld zum Spielen mitnehmen. Geh einfach hin und wenn du gewinnst kannst du alles behalten. Falls du verlierst, müssen dir deine Familienangehörigen Geld senden um die Schulden zu bezahlen.
Die Cousine von Frau Li: Du brauchst kein Geld zu bringen. Sie zahlen für das Essen/Trinken sobald du dort ankommst. Du musst nicht einmal den Flug bezahlen. Sie zahlen dir sogar 300'000 RMB zum spielen. Wie grosszügig! Nicht einmal die eigenen Eltern sind so gut zu den Kindern.
Frau Li: Du machst dir keine Gedanken darüber was passiert falls du verlierst. Ich dachte nur, falls ich verliere, werde ich meiner Familie oder meinem jüngeren Bruder anrufen damit sie mir das Geld senden.
14.09.2009 Frau Li trifft im Casino in Boten ein. Mit Hilfe eines Vermittlers nahm sie einen Kredit auf von 300'000 RMB. Innerhalb einer halben Stunde hat sie ihr ganzes Geld verloren. Vom Moment an als sie ihr ganzes ausgeliehene Geld verloren hatte, wurde ihr Vermittler brutal und schreckenerregend.
Frau Li: Als ich alles verlor wurde der Vermittler gemein. Er war plötzlich nicht mehr so nett und zuvorkommend wie vorher. Ruf sofort an und gib mir das Geld! Gib mir die Nr. deines jüngeren Bruders, dann nahm er mein Natel und schrieb meinem Bruder ein SMS.
Die Cousine von Frau Li: Ihr Bruder rief mich an und fragte um Rat. Er sagte: Sie verliess das Land und jetzt braucht sie mich um an Geld zu kommen. Sein Geschäft befand sich in dieser Zeit in Schwierigkeiten – er verfügte kaum über Ersparnisse. Er sagte, wenn ich ihr das Geld nicht geben kann, dann wird sie gefoltert. Er kam mehrmals bei mir vorbei und weinte.
Frau Li erzählte, während sie auf das Geld warteten, brachte der Vermittler sie in ein Hotelzimmer und hielt sie dort gefangen. Von dem Tag an dem ich das Geld verloren hatte sperrten sie mich im Zimmer 327 im Hotel Boten ein.
Bis zur Zahlungsfrist vom 24.09.2009 wurde kein Geld überwiesen, dass war der Tag, als der Alptraum von Frau Li begann.
Frau Li: Sie brauchten mich in den Sammelraum. Der Sammelraum war das schlimmste Zimmer. Dort versuchen sie dir das Geld aus dem Leid zu schlagen. Der Sammelraum ist der Raum im Hotel Boten indem sie die Leute foltern. Noch heute wenn sie zurück denkt fühlt sie die enormen Schmerzen.
Frau Li: Sie zwingen dich sich selbst zu schlagen. Ein Leben hat für diese Leute keine Bedeutung. Sie zwingen dich sich selber immer härter und härter in den Mund zu schlagen. An Frau Luo die zur selben Zeit dort war wie ich haben sie mit einer Zange die Fingernägel ausgerissen. Danach zwangen sie sie ihre Hand auszustrecken und steckten ihr Nägel rein.
Gemäss Frau Li befinden sich 1000 chinesische Spieler in Gefangenschaft. Obwohl es ein ausländisches Casino ist, sind die Folterer chinesische Landsleute.
Diese Furien sind ausser Kontrolle, sonst könnten sie nicht so grausam sein.
Herr Ouyang: Wie können Chinesen untereinander so brutal sein?
Frau Li: Ich sah ein getöteter alter Mann aus Tangsan im Zimmer 201, im Hotel Boten Zimmer 201. Er benutze die Zahnbürste um damit im Hals herumzustochern. Diese alte Mann schuldete 50'000 RMB. Nachdem er gestorben ist wurde er begraben. Ich frage mich ob seine Familie überhaupt informiert wurde.
Nun stelle ich Ihnen zwei spezielle Gäste vor. Der Anwalt Herr Cui Baoguo und Frau Li - sie haben beide die Folterungen miterlebt.
Frau Li, könnten sie uns bitte das Boten Casino beschreiben und uns etwas über die Räumlichkeiten erzählen?
Frau Li: Nun, es gab vier Tische - einen 100’000iger, einen 50'000iger und zwei 30’000iger.
Herr Wang: Was genau meinen sie damit?
Frau Li: Das sind die Einsatzgrenzen. Als wir dort ankamen gaben sie uns ein Hotelzimmer, nachdem wir gegessen haben brachten sie uns in den Spielsalon. Dort übergaben sie uns 300'000 . Als wir dort ankamen sahen wir jemand der 116'000 RMB gewonnen hatte. Er wollte dem Vermittler die 300'000 wieder zurückgeben. Er wollte mit seinem Gewinn weiter spielen. Sie nahmen das Geld nicht zurück weil die Zeit der Ausleihe noch nicht abgelaufen war. Sie sagten ihm er soll weiter spielen. Dann ging ich schlafen und als ich aufwachte fing ich an zu spielen. Nachdem ich alles verlor haben sie mich eingesperrt.
Herr Wang: Wie lange wurden sie eingesperrt?
Frau Li: Drei Monate lang.
Herr Wang: Was wir auf dem Video gesehen haben und was sie dort erlebt haben ist schlimmer als ein Konzentrationslager. Es ist unmenschlich und angst erregend. Also, es gibt dort drei verschiedene Räume in diesem Hotel, richtig? Ein Sammelraum, ein Genesungsraum und ein Raum für die Verstorbenen. Wie müssen wir uns das vorstellen?
Frau Li: Nun, der Genesungsraum ist für die Menschen die nach den Folterungen und Schlägen wieder heilen können. In diesem Raum schlagen sie dich nicht mehr. Erst nachdem du dich erholt hast fangen sie damit wieder an.
Im Sammelraum zwingen sie dich deine Familie zu kontaktieren und sie dazu zu bewegen dir Geld zu senden. Wenn du nicht anrufst schlagen sie dich. Du denkst sie wollen dich todschlagen. Sie benutzen verschieden Foltermethoden. Sie zwingen dich den ganzen Tag runter zu knien und geben dir nicht zu essen, nur kaltes Wasser zum trinken. Im Totenkontenzimmer halten sich die Menschen auf aus denen sie kein Geld „rausschlagen“ konnten. Diese Menschen haben keine Hoffnung. Da sie nicht umgebracht werden können werden sie in dieses Zimmer gesteckt und einfach ignoriert. Von dort – mit viel Glück - bringen sie dich wieder in den Sammelraum. Hier beginnen sie dich wieder zu schlagen. So läuft das in diesen Räumen ab.
Herr Wang: Können sie uns beschreiben wie die Leute sie gefoltert haben?
Frau Li: Nun, jeden Tag wenn sie mit der Folter und mit dem Schlagen der Menschen beginnen, benutzen sie dazu einen Holzstock der in einen Gummischlauch eingepackt ist. Damit schlagen sie dir überall hin, jeden Tag.
Herr Wang: Nach dem 10. Tag, wie fühltest du dich?
Frau Li: Jedesmal wenn ich jemand vorbeilaufen hörte geriet ich in Panik. Ich fürchtete sie zwingen mich meiner Familie anzurufen. Wenn ich sie nicht kommen hörte ging es mir einwenig besser. Doch sobald ich sie kommen hörte, fing ich an zu zittern. Während dieser Zeit dachte ich, Peking nie wieder zu sehen.
Herr Wang: Wie überlebten sie all diese Tage? Ihre Familie hat ihnen kein Geld geschickt.
Frau Li: Jeden Tag hoffte ich verzweifelt, dass wenn ich meiner Familie anrufen, dass sie Geld auf mein Konto einzahlen.
(Kommentar von Herr Wang persönliche Geschichte von Frau Li wie sie Spielsüchtig wurde).
Frau Li startete 1998 mit den Glücksspielen und jeder wusste, dass ihr Bruder – ein Geschäftsmann – ihre Spielschulden zahlt. Nachdem sie tausende von RMB verspielt hatte, hörte sie 2006 mit der Spielerei auf. 2008 bekam Frau Li Besuch von einer Spielfreundin die sie um Hilfe bat weil sie angeblich viel Geld verloren hatte. Damit sie ihrer Freundin helfen konnte fing sie wieder zu spielen an.
Anfangs Januar 2010 wurde Frau Li von der Polizei von Peking und Yunnan gerettet. Sie kehrte zurück nach Peking.
Frau Li: Als ich zu Hause ankam fing ich zu weinen an…endlich wieder den Boden von Peking unter den Füssen.